Sie haben beim Stichwort
"Freiheit" gesagt, dass in jedem
Menschen etwas Unvertauschbares, Ewiges
heranreife und dass in diesem Prozess der Wille
keine ausschlaggebende Rolle spielt. Kann dieser
Weg auch verfehlt werden, wenn ein Mensch zum
Beispiel die Gnade bewusst zurückweist?
Sicher, man kann den Weg verfehlen. Ich möchte
in diesem Zusammenhang das Wort "Weg"
nicht überbetonen, weil die wahre Freiheit nicht
die Freiheit eines schon vorgeschriebenen Weges
ist. Wir sind gerade darum frei, weil wir selbst
den Weg machen. Die Freiheit besteht nicht darin,
zwischen Weg "A" und Weg "B"
zu wählen, sondern einen neuen Weg anzulegen, wo
noch nie ein Weg war. Dazu darf ich mich von
außen in keiner Weise beeinflussen lassen, sonst
ist es kein freier, persönlicher Weg, was da
herauskommt.
***
Es gibt drei Schichten der Freiheit: Zunächst
die Freiheit der Wahl und die Freiheit der
Entscheidungen. Bis an diesen Punkt befinden wir
uns auf einer psychologischen Ebene. Aber dann
gibt es noch eine ontologische Freiheit, die
gerade darin besteht, dass der Kern meines Wesens
sein Schicksal selber erschafft. Wir sind
gleichzeitig Zuschauer und Schauspieler in dieser
göttlichen Komödie der Wirklichkeit.
***
Aber es kommt noch etwas hinzu, das wir sehr oft
vergessen: Wir schauen und spielen nicht nur,
sondern wir sind die Verfasser, die Autoren des
Librettos der Komödie. Zwar bin ich nicht der
einzige, aber ein Mitverfasser sozusagen. Wir
sind, indem wir die Sache sehen und mitspielen,
selber Improvisateure.
***
Man kann sich verfehlen. Aber der Fehler besteht
nicht darin, dass ich dem Libretto nicht gefolgt
bin, sondern dass ich nicht schöpferisch genug
gewesen bin.
Zitiert aus:
Raimon Panikkar,
Einführung in die Weisheit, S. 123 -125
Freiburg 2002
Tipp:
http://dlibrary.acu.edu.au/research/theology/ejournal/Issue3/Dupuche.htm
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