Folgende Highlights

Nichtduale(n) Highlights Startseite



Nichtduale Highlights # 17     22. Januar 2005      Editor: Hans Schulz

Anselm Grün feiert in diesen Tagen seinen 60. Geburtstag.
Als Benediktinermönch, Pater, Klosterverwalter, Managementtrainer, Schriftsteller und Vortragsreisender steht er für eine engagierte, handelnde Spiritualität.

Herzliche Glückwünsche!



Der Engel der Heiterkeit

Klee; Engel, noch tastend

Für die frühen Mönche war die hilaritas, die Heiterkeit und innere Klarheit, die Fröhlichkeit und Helligkeit, ein Zeichen für eine stimmige Spiritualität. Wer seine eigene Wahrheit erkannt hat, wer seine Höhen und Tiefen erlebt hat, und wer sich ganz und gar angenommen fühlt, der strahlt solche hilaritas aus. Der geht nicht mehr mit einer finsterernsten Miene durch die Welt. Ihm ist nichts Menschliches mehr fremd. Und er weiß alles geborgen, auch die eigene Schwäche und all die Irrwege des Menschen. Es ist ein Strahlen, das von innen kommt, weil alles in ihm vom heilenden und wärmenden Licht göttlicher Liebe erleuchtet ist. Das deutsche Wort heiter bedeutet von seiner Wurzel her: klar, hell, wolkenlos, leuchtend. Durch den heiteren Menschen scheint ein helles Licht in seine Umgebung. Er vertreibt die Wolken, die die Köpfe der Menschen verdunkeln.
Heiterkeit ist nicht einfach nur eine Charaktereigenschaft, mit der man geboren wird. Sie entsteht durch ein großes Vertrauen, dass man so, wie man ist, bedingungslos angenommen ist, dass alles letztlich gut ist. Und sie entsteht durch den Mut, die eigene Wahrheit anzuschauen. Christen sind überzeugt: Nur wer das Licht Gottes in alle Abgründe seiner Seele eindringen lässt, der kann Heiterkeit ausstrahlen. In ihm gibt es nichts Dunkles mehr, das er verstecken müsste, nichts Abgründiges, vor dem er Angst haben müsste. Er geht sorglos durch die Welt. Das ist kein naiver Optimismus, sondern eine Haltung, die aus der Begegnung mit der Wahrheit kommt. Weil er seiner eigenen Wahrheit ins Auge geschaut hat, braucht er sich den Kopf nicht mehr zu zergrübeln über eventuelle Probleme und Gefahren. Er ist nicht fixiert auf das Dunkle dieser Welt, sondern sieht alles ins göttliche Licht getaucht. Er vertraut, dass dieses Licht, das in seinem Herzen gesiegt hat, sich auch in der Welt durchsetzen wird. Solche Heiterkeit steckt an. In der Nähe eines heiteren Menschen kann man sich nicht über den Weltuntergang unterhalten. Da kann man sich nicht in einem Jammern über die Zustände dieser Welt ergehen. Der Heitere verschließt die Augen nicht vor der konkreten Situation dieser Welt. Er verdrängt das Dunkle nicht. Aber er sieht alles aus einer anderen Perspektive heraus, letztlich aus einer Perspektive des Geistes, der auch die Finsternis durchschaut, bis er auf den leuchtenden Grund Gottes darin stößt. Er sieht alles aus der Perspektive seines Engels heraus, der die Wirklichkeit dieser Welt so sieht, wie sie ist, der es aber dennoch fertig bringt, sich mit seinen Flügeln über sie zu erheben und sie trotz aller Schwere mit einer inneren Heiterkeit anzuschauen. Einem heiteren Menschen kann man keine Angst einjagen. Er ruht in sich. Und so kann ihn nichts so leicht umwerfen. Wenn du mit einem so heiteren Menschen sprichst, dann kann sich auch dein Inneres aufheitern, dann siehst du auf einmal dein eigenes Leben und Deine Umgebung mit anderen Augen. Es tut dir gut, in der Nähe eines heiteren Menschen zu sein. du weißt, wie niederdrückend Menschen sein können, die alles durch ihre dunkle Brille sehen, die fixiert sind auf das Negative, das sie überall entdecken. Der heitere Mensch hellt dich auf. Du fühlst dich auf einmal leicht. So wünsche ich dir die Begegnung mit vielen Engeln der Heiterkeit. Und ich wünsche dir, dass dich der Engel der Heiterkeit innerlich aufhellt und dich heiter und klar, leuchtend und wolkenlos werden lässt, damit durch dich die Welt um dich herum heller und heiterer wird.


Anselm Grün


zitiert aus: Anselm Grün, 50 Engel für das Jahr, Freiburg 1997, S.103/104

Zum Anfang der Seite