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Nichtduale Highlights # 11     17. Juli.2004      Editor: Hans Schulz

Vijnana Bhairava
Übersetzung und Kommentar von Bettina Bäumer.

Die knappen Zeilen der tantrischen Urschrift werden in diesem Werk kritisch übersetzt und erläutert. Kein trockenes Buch ist herausgekommen, sondern eine engagierte Einführung in den kashmirischen Shivaismus.
Die Ablehnung des Körpers im Advaita Vedanta erscheint nach der Lektüre 
in einem neuen Licht. 
Im Folgenden zwei Zitate:   


Bettina Bäumer, Vijñana Bhairava - Das göttliche Bewusstsein; Grafing 2003

Siehe auch die Besprechung (engl.): http://www.monasticdialog.com/bulletins/72/bookreview4.htm




 



puja nama na puspadyair ya matih kriyate drdha I
nirvikalpe mahavyomni sa hyadarat layah II 147


147. Der Kult der Verehrung (puja) besteht
nicht im Darbringen von Blumen und anderen Opfergaben, sondern darin,
dass man seinen Geist im großen Firmament jenseits der Gedanken festigt.
Dieser Kult ist eine Versenkung mit Ehrfurcht.


Kommentar:

Der äußere Kult der Verehrung (puja ), einer Gottheit besteht in einer Reihe von Darbringungen und Kulthandlungen, wie das Darbringen von Blumen, Weihrauch, Öllampen, Früchten, Süßigkeiten u.a.m., das Blasen von Muscheln und Läuten der Glocken, neben der Rezitation von Mantras und Singen von Hymnen. Doch die wahre puja ist ein geistiger Akt, nicht eine äußerliche Verrichtung. Dieser geistige Akt wird hier auf zwei Weisen beschrieben, die in einer kurzen Übersetzung nicht zum Ausdruck kommen können: Die erste bezieht sich auf den Geist (mati), d.h. eine höhere Einsicht oder geistige Achtsamkeit, die im großen Raum oder Himmel des Bewusstseins (vyoman), frei von Gedanken und Vorstellungen (nirvikalpa) gefestigt ist. Das heißt, die Tätigkeit des geistigen Kultes besteht darin, den Geist in dieser Leere zu festigen. Die zweite Beschreibung besteht aus zwei Worten: adarat layah. Adara bedeutet eine ehrfürchtige, respektvolle Achtsamkeit und Verehrung, laya ist ein Darin-Aufgehen, nämlich im Gegenstand dieses Kultes, Siva, oder der Gottheit in irgend einer Form. Laya ist das vollkommene Absorbiertsein in einer Haltung ehrfürchtiger und achtsamer Hingabe. Das ist die wahre puja, der wahre Gottesdienst.

Abhinavagupta beschreibt ähnlich den geistigen Kult (puja):

"Der wahre Kult besteht darin, die Ströme der verschiedenen Zustände mit dem absoluten, freien, reinen, unendlichen Bewusstsein zu vereinen."

Jayaratha verdeutlicht diesen Akt der Vereinigung:

"Diese Vereinigung besteht darin, die Ströme der verschiedenen Sinneserfahrungen wie Form, Geschmack usw., mit dem vollen, höchsten Bewusstsein frei von den Begrenzungen von Raum und Zeit in eins zu bringen." In diesem Kontext zitiert er den vorliegenden Vers des Vijnana Bhairava.  



http://www.sbg.ac.at/tkr/people/baeumer.htm





atraikatamayuktisthe yotpadyeta dinad dinam I
bharitakarata satra trptir atyantapurnata II 148


148. Wenn man auch nur in einer der (hier dargelegten) Methoden feststeht,
wird man von Tag zu Tag fortschreiten bis zu einem Zustand der Erfüllung.
Das wird hier "Befriedigung" (trpti) genannt, und es ist die höchste Vollkommenheit.


Kommentar: Hier wird noch einmal betont, dass jede einzelne der 112 beschriebenen Methoden der Konzentration oder der mystischen Vereinigung (yoga bedeutet beides) den Praktizierenden ans Ziel führen kann. Doch ist es kein statisches Ziel, sondern ein ständiges Fortschreiten, "von Tag zu Tag", bis zu einem Zustand der Erfüllung, der Vollkommenheit, der absoluten Fülle des Geistes (atyanta-pumata). Im Kontext der verschiedenen Aspekte der religiösen Praxis geht es hier um eine Vergeistigung dessen, was das Resultat jedes Kultes (puja) sein soll, und zwar "Befriedigung" (trpti). Die wahre Befriedigung ist nichts weniger als die Erfahrung der göttlichen Fülle und Vollkommenheit, die in einem ständigen Fortschreiten auf dem mystischen Weg besteht.

Dieser Vers beantwortet die Frage der Göttin von Vers 143: "Wer wird befriedigt (durch die Verehrung)?" Gewöhnlich bezieht sich die Befriedigung auf die verehrte Gottheit, doch hier wird sie auf den in einer der Weisen der Kontemplation vervollkommneten Yogi bezogen. Ksemaraja zitiert diesen Vers in seinem Kommentar zu Siva-Sutra II.9:

"Die Erkenntnis ist die Nahrung", und interpretiert ihn in dem Sinn, dass die Erkenntnis insofern Nahrung ist, als sie vollkommene Erfüllung verleiht und die Ursache des Ruhens im eigenen Selbst ist (atma-visranti).

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